Mit einem «Marsch auf Bern» demonstrierten vor 50 Jahren, am 1. März 1969, über 5000 Frauen und Männer für das Frauenstimm- und Wahlrecht und dagegen, dass der Bundesrat die Europäische Menschenrechtskonvention nur mit Vorbehalt zum Frauenstimmrecht unterzeichnen wollte. Die Demonstration gilt als Initialzündung dafür, dass es mit der Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz endlich vorwärts ging.
Frauenstimmrecht

Marsch nach Bern: «Bundesrat, uf zur Tat!»

Mit einem «Marsch auf Bern» demonstrierten vor 50 Jahren, am 1. März 1969, über 5000 Frauen und Männer für das Frauenstimm- und Wahlrecht.

Die Aktion dauerte nur eine Stunde, aber sie ging in die Geschichtsbücher ein. Am 1. März 1969 forderten Tausende Frauen vor dem Bundeshaus lautstark die Einführung des Frauenstimmrechts. Vorgängig rief der Zürcher Stimmrechtverein zum «Marsch auf Bern» auf.

Der Anlass war nicht unbestritten. Die zwei grossen nationalen Frauenvereinigungen teilten zwar das Anliegen, blieben der Kundgebung aber fern. Sie befürchteten Ausschreitungen und Retourkutschen der Männer an der Urne. So zogen gemässigte Frauenrechtlerinnen eine Tagung am 1. März 1969 im Berner Kursaal vor. Für rund 5000 Frauen und Männer war das aber zu wenig. Sie marschierten am Nachmittag punkt 15 Uhr vors Bundeshaus, angeführt von der Zürcher Aktivistin Emilie Lieberherr.

Aktivistin Emilie Lieberherr (Foto: Februar 1986). Sie wurde später zur SP-Stadträtin von Zürich gewählt und war Vorsteherin des Zürcher Sozialamtes.

«Bundesrat, uf zur Tat!»
Auf dem Bundesplatz wurde eine Resolution in allen vier Landessprachen verlesen. Gefordert wurde das volle Stimm- und Wahlrecht für Frauen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene. «Händ Vertraue mit de Fraue» lautete einer der Slogans, «Stüüre zahle, aber au ad Wahle» ein anderer.

«Bundesrat, uf zur Tat!» rief Emilie Lieberherr der Menge zu. Darauf folgte ein lautes Pfeifkonzert mit Trillerpfeifen. Es galt all jenen Männern, die dem Frauenstimmrecht seit Jahrzehnten Hindernisse in den Weg legten.

Wasserwerfer und Tränengas
Der «Marsch auf Bern» ging als friedliche Kundgebung in die Geschichte ein. Erst später wurde bekannt, dass im Bundeshaus und auf der Bundesterrasse die ganze Zeit Polizisten mit Wasserschläuchen und Tränengas auf Abruf standen.

Durch die Demonstration erhielt das Anliegen der Frauen grosse Schlagkraft. Die Presse berichtete gross darüber. Und so wurde die Aktion im kollektiven Gedächtnis zu einem Meilenstein auf dem Weg zum Frauenstimmrecht. Am 7. Februar 1971 kam die Vorlage vors (Männer-)Volk – und wurde mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen.

veröffentlicht: 1. März 2019 05:00
aktualisiert: 1. März 2019 09:50
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