Hund Laptop
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Coronavirus

Auf Homeoffice folgt Haustierboom: Bello, Miezi und Co. sind wegen Corona beliebter denn je

In diesem Jahr haben sich mehr Schweizer Haushalte als sonst ein Tier angeschafft. Hunde und Katzen sind zwar besonders beliebt, aber auch der Verkauf von Hasen und Hühnern hat zugenommen. Der momentane Trend birgt allerdings Gefahren.

Der Laptop auf dem Esstisch, die Katze auf dem Schoss. Ihr Schnurren begleitet das Tippen von E-Mails. Die Hand streicht ab und zu über das weiche Fell. In der Pause kurz frische Luft und Gassi mit dem jungen Hund. So lässt sich Homeoffice doch recht gut ertragen. Das haben sich wohl viele Schweizerinnen und Schweizer gedacht – und sich während der Pandemie kurzerhand ein Haustier angeschafft.

Bei Schweizer Züchtern und in den Tierheimen gingen Welpen und Babykätzchen plötzlich weg wie warme Weggli. Und auch im Internet explodierte die Nachfrage: Auf der Anzeigeplattform Anibis.ch haben die Suchanfragen nach Hunden und Katzen vor allem in den Sommermonaten um fast 30 Prozent zugenommen.

Einen noch stärkeren Trend verzeichnet das Portal Tutti.ch: Dort stieg die Zahl der Suchanfragen für Hunde im Vergleich zur Vorjahresperiode März bis Oktober um rund 80 Prozent, für Katzen sogar um etwas mehr als 90 Prozent. Vermehrt suchten Schweizerinnen und Schweizer auch nach Hasenställen, Hühnern und Schildkröten. Am beliebtesten sind laut einer Tutti-Sprecherin aber nach wie vor Labradorwelpen und Katzenbabys.

In Schweizer Haushalten leben so viele Tiere wie noch nie

Die Nachfrage bei den Anbietern spiegelt sich in den Statistiken: Nach Angaben der nationalen Tierdatenbank Amicus stieg die Zahl der registrierten Hunde nach dem Lockdown deutlich an. Im August verzeichnete die Datenbank sogar einen rekordhohen Zuwachs. Im Oktober nahm der Trend nun wieder ab. Derzeit leben 524'249 registrierte Hunde in der Schweiz.

Weil Katzen – anders als Hunde – nicht zwingend registriert werden müssen, ist es nicht möglich, deren genaue Anzahl in der Schweiz festzustellen. Viele Halter lassen ihr Tier aber chippen, wodurch Kleintiere wie Katzen, Kaninchen oder Hamster in der Anis-Datenbank registriert werden. Und auch dort zeichnet sich ein deutlicher Zuwachs ab: In den vergangenen Monaten wurden eindeutig mehr Tiere registriert als noch im Vorjahr. Momentan leben 638'304 gechippte Katzen in der Schweiz. Das sind über 51'000 mehr als noch vor einem Jahr. Die tatsächliche Anzahl in der Schweiz lebenden Stubentiger dürfte weitaus höher sein.

Der Grund für diesen regelrechten Ansturm auf Haustiere liegt auf der Hand: Die Leute haben momentan einfach mehr Zeit. Wegen der Coronamassnahmen sind sie öfters zu Hause, arbeiten häufiger im Homeoffice und fliegen kaum noch in die Ferien. «Die Krise bot daher die perfekte Möglichkeit, um ein Tierchen nach Hause zu bringen», sagt eine Sprecherin des Schweizerischen Tierschutzes.

Ein weiterer Grund sei der psychologische Effekt, den Tiere auf Menschen hätten. «Viele haben sich im Lockdown einsam gefühlt und sich ein Gspändli zum Schmusen gewünscht», sagt die Sprecherin. Der Hund oder die Katze füllte so die Lücke, die durch die eingeschränkten sozialen Kontakte entstanden ist.

Nestlé und andere Anbieter von Tiernahrung profitieren vom Boom

Dass so viele Schweizerinnen und Schweizer nun ein Haustier halten, freut nicht nur die Verkäufer, sondern auch die Anbieter von Tiernahrung und Zubehör. Auch sie können vom Boom profitieren und den Umsatz für das laufende Jahr voraussichtlich steigern. So wuchsen die Erlöse bei Nestlé – mit der Marke Purina einer der Marktführer – im ersten Halbjahr bereits um rund 10 Prozent. Keine andere Produktkategorie des Nahrungsmittelriesen konnte in dieser Zeit so stark zulegen. Nestlé hat die guten Voraussetzungen auch gleich beim Schopf gepackt und eine neue Produktelinie herausgegeben (siehe Box unten).

Qualipet, ebenfalls ein Schweizer Unternehmen, konnte seinen Online-Umsatz nach eigenen Angaben nahezu verdoppeln. Auch Fressnapf geht von einem starken Wachstum aus, vor allem im Onlineshop. Die Fachhandelskette mit Hauptsitz in Deutschland gibt aber keine genauen Zahlen bekannt.

Tierheime befürchten bald eine Kehrtwende

Während bei den Händlern die Kassen klingeln, wachsen bei Tierschützern nun die Sorgen. «Dieser momentane Boom birgt die Gefahr, dass er sehr schnell wieder ins Gegenteil kippen könnte», sagt die Tierschutzverband-Sprecherin. «Wir warnen grundsätzlich immer vor unüberlegten Käufen. Aber jetzt besonders.» Trotzdem gebe es sicherlich Einige, die sich das Tier aus Langeweile, Einsamkeit oder einfach aus einer Laune heraus angeschafft hätten. Ist die Krise vorbei, nimmt der Alltag wieder Fahrt auf, ist man wieder mehr beschäftigt. Und dann verschwinden diese Gefühle, die einst Grund für das Tier waren. Der Hund aber bleibt. Im Schnitt 12 Jahre lang. Die Katze 15.

Mal in der Pause mit dem Hund Gassi gehen? Keine Zeit mehr. Nach der Arbeit noch mit der Katze spielen? Zu müde. Den Kaninchenstall säubern? Mach ich morgen. So könnte der Alltag nach der Coronakrise aussehen. Und wenn es dann nicht mehr passt, muss das Tier halt wieder weg. Die Tierheime bereiten sich jedenfalls jetzt schon auf drohende Überbelegungen vor.

Quelle: CH Media
veröffentlicht: 20. November 2020 16:15
aktualisiert: 20. November 2020 16:15
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