Opfer betäubt und geschändet: 8 Jahre Gefängnis für 63-Jährigen
Das Gericht folgte in seinem am Montag eröffneten Urteil weitgehend der Anklage, die elf Jahre Freiheitsentzug gefordert hatte. Schuldig gesprochen wurde der Elektroningenieur aus Hendschiken AG unter anderem wegen sexueller Nötigung in elf Fällen, Gefährdung des Lebens, wegen einfacher und schwerer versuchter Körperverletzung, Pornografie und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Freigesprochen wurde der Beschuldigte vom Vorwurf der Vergewaltigung nach dem Grundsatz «in dubio pro reo». Ebenfalls verzichtete das Gericht auf die Anordnung einer ambulanten Therapie. Ein psychiatrisches Gutachten war zum Schluss gelangt, dass das Risiko eines Rückfalls gering sei. Zudem wollte der Beschuldigte nichts von einer Therapie wissen.
Als strafmindernd taxierte das Gericht die mediale Vorverurteilung. In einzelnen Berichterstattungen sei die geltende Unschuldsvermutung ausser acht gelassen worden. Drei Opfern muss der Verurteilte Genugtuungen zwischen 12'000 und 20'000 Franken sowie Entschädigungen ausrichten.
Frauen mit Rohypnol betäubt
Der Beschuldigte war immer wieder ähnlich vorgegangen. Auf einer Dating-Plattform kontaktierte er Frauen - vornehmlich Schwarzafrikanerinnen, die auf der Suche nach einer festen Beziehung oder einem Ehemann waren. Hatte er ihr Vertrauen gewonnen, bot er ihnen Geld an, damit sie eine Tablette oder ein Getränk mit dem Betäubungsmittel Rohypnol einnahmen.
An den sedierten und somit wehrlosen Frauen nahm der Mann dann verschiedene sexuelle und beischlafähnliche Handlungen vor. So stecke der den Frauen Gegenstände in den Mund, brachte Stromkabel an den Brustwarzen an, malträtierte sie mit einer Vakuumpumpe an der Brust, bis sie vor Schmerz schrien, und zwang sie zum Oralverkehr.
Die Gerichtspräsidentin sprach bei der Urteilsbegründung von einem «besonders grausamen und verwerflichen Verhalten». Das Gericht ging davon aus, dass der Beschuldigte den Frauen bis zu 5 Milligramm Rohypnol verabreicht hatte.
Die hohe Dosierung habe bei einzelnen Opfern zu mittelschweren bis schweren Bewusstseinsstörungen geführt, stellte die Vorsitzende fest. Die Frauen hätten sich deshalb nachträglich nicht mehr erinnern können, was mit ihnen geschehen war.
Dem Mann warf das Gericht zudem vor, einzelnen Opfern die Hand vor Nase und Mund gehalten zu haben und so die Luftzufuhr unterbrochen zu haben. Er habe damit in Kauf genommen, dass die Frauen bleibende Hirnschäden hätten davon tragen können. Zudem hätten sie durch die starke Sedierung und die falsche Lagerung ersticken können.
Sexuelle Dominanz ausgelebt
Es sei ihm darum gegangen «Dominanz» auszuleben und die Frauen durch die Sedierung «unterwürfig" zu machen, sagte der Beschuldigte letzte Woche während des zweitägigen Prozesses. Er habe seine Sadomaso-Fantasien ausleben wollen. Das Ganze sei jedoch einvernehmlich gewesen. "Ich habe für alles bezahlt und bekommen, was ich wollte.»
Die Wirkung des Betäubungsmittels hatte er ihnen verschwiegen oder auf Nachfrage heruntergespielt. Auch sagte er den Frauen vorab nicht, was er mit ihnen vorhatte. Die Opfer sagten später in der Einvernahme übereinstimmend aus, dass sie sich auf die Sexspiele eingelassen hätten.
Die Übergriffe flogen im März 2014 auf. Nach einem Wasserschaden in einer Lagerhalle in Hausen AG entdeckte die Feuerwehr eine Indoor-Hanfanlage, die vom Beschuldigten betrieben wurde. Später fand die Polizei Videoaufnahmen, auf denen der Mann sechs der sieben sexuellen Übergriffe in den Jahren 2010 bis 2013 dokumentiert hatte.
Gemäss Anklage besass der Beschuldigte überdies 48 Dateien mit Kinderpornografie und 15 mit Tierpornografie. Zudem hatte er Aufnahmen aus dem Internet heruntergeladen mit Darstellungen von Frauen, die gequält und erniedrigt werden.
Keine Reue
Während des zweitägigen Prozesses in der vergangenen Woche zeigte der 63-jährige, zum zweiten Mal verheiratete Familienvater keinerlei Reue. Zutiefst bereue er nur, dass er die Videos gemacht habe, sagte er in seinem Schlusswort. «Ohne Video wären wir nicht hier. Es wäre niemandem etwas passiert. Ich hätte meinen Spass gehabt und die Frauen ihr Geld.»
Sein Verteidiger plädierte auf 18 Monate Freiheitsentzug.
Das Urteil des Bezirksgerichts Brugg ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger liess es nach der Urteilseröffnung offen, ob er Berufung einlegen wird. Zufrieden zeigte sich Staatsanwältin Flavia Roy. Das Gericht sei bei der rechtliche Würdigung in praktisch sämtlichen Punkten der Anklage gefolgt.