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«Grosse Enttäuschung»: Empörung in Suhr wegen gefällter Blutbuche

Vom alten, grossen Baum ist nur noch der Stumpf übrig geblieben.
Foto: Daniel Vizentini/AZ
Baum-Knatsch

«Grosse Enttäuschung»: Empörung in Suhr wegen gefällter Blutbuche

An der Ecke Tramstrasse/Metzgergasse in Suhr wurde ein grosser, alter Baum entfernt. Bei Teilen der Bevölkerung löste die Aktion entsetzen aus. Die Gemeinde wusste nichts davon.

Dass grosse, alte Bäume wichtig sind für die Umwelt, etwa als Abkühlung vom zunehmend warmen Klima, ist bekannt und wird nicht zuletzt an diesen aktuell heissen Tagen wieder bewusst. Umso grösser deshalb ist die Empörung bei Teilen der Bevölkerung, wenn solche bedeutende Bäume gefällt werden.

Ganz zum Schluss der letzten Gemeindeversammlung in Suhr äusserte eine Stimmbürgerin ihre «grosse Enttäuschung», als sie beim Vorbeilaufen sah, wie der grosse, alte Baum – offenbar eine Blutbuche – an der Ecke Tramstrasse/Metzgergasse innerhalb von wenigen Minuten abgetragen wurde, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.

Alte Bäume haben einen sentimentalen Wert

Ein 80-jähriger Baum kühle so viel wie 200 Kühlschränke, sagte sie. Hinzu komme der sentimentale Wert: Nicht wenige hätten ihr persönliche Geschichten erzählt, bei denen besagter Baum eine zentrale Rolle spielte. Etwa, was sie dort als Kinder auf dem Nachhauseweg von der Schule jeweils alles erlebten, oder gar wie jemand bei dem Baum ihre grosse Liebe zum ersten Mal angesprochen hatte. Halt solche vermeintlich kleinen Dinge, die das Leben ausmachen und die einem Dorf Charakter verleihen.

Empört fragte sie deshalb den Gemeinderat, wie es möglich sein könne, «dass man solche markante Bäume einfach kahlschlägt». Und ob es nicht möglich wäre, solche Bäume zu schützen.

Höhere Ausnützung, wenn Bäume bewahrt werden

Seitens Gemeinderat äusserte sich an der Gmeind unter anderem Thomas Baumann dazu: «Wir haben auch mit Befremden festgestellt, dass der Baum einfach verschwunden ist.» Dabei wolle die Gemeinde «mit den Liegenschaftsbesitzern eigentlich zusammenarbeiten». Dem Gemeinderat schwebe deshalb die Möglichkeit eines Baumförderprogramms vor, mit einen Ansatz, der allen Seiten zugutekommen könnte.

So bestünde zum Beispiel die Möglichkeit, eine Norm einzuführen, damit bei einer Neuüberbauung eine höhere Ausnützung erlaubt werden kann, wenn sich die Eigentümerschaft bereit erklärt, bedeutende Bäume auf ihrem Gelände zu erhalten. Man könnte so sowohl das private Bauprojekt als auch die Grünräume in der Gemeinde auf positive Weise zu entwickeln versuchen. «Ich empfehle: Wenn Sie so einen grossen Baum haben, kommen Sie auf die Gemeinde zu», so Thomas Baumann. «Das ist der Rahmen, den man suchen muss.»

Aarau arbeitet an einem Bauminventar

Noch heute gehen teils Investoren davon aus, dass eine Landfläche ohne Baum mehr Geld einbringt. Zuletzt sah man dies in Aarau, als ohne Vorwarnung mehrere grosse Bäume am Schlittelrain im Gönhard-Quartier abgeholzt wurden. Die Erbengemeinschaft, der das Land gehört, liess auf Anfrage verlauten, dass eine Gewinnmaximierung angestrebt wurde. Das Land liesse sich ohne Bäume teurer verkaufen.

Aarau arbeitet auch deshalb aktuell an einem Bauminventar und einer rechtlichen Möglichkeit, Bäume auf Privatgrundstücken unter Schutz stellen zu können. Suhr seinerseits hat unter Gemeinderat Thomas Baumann in den vergangenen Jahren vermehrt auf neue Bäume und die Entsiegelung von asphaltierten Flächen gesetzt. Ausgerechnet gleich gegenüber der nun gefällten Buche, bei der Valiant-Bank, wurden im Februar mit Hilfe von Freiwilligen eine Asphaltfläche durchbrochen und zwei neue Bäume gepflanzt.

Baum wurde «aus Sicherheitsaspekten» entfernt

Die Landparzelle, auf der der grosse, alte Baum stand, gehört der F. G. Pfister Immobilien AG. Auf Anfrage erklärt Alfredo Schilirò seitens der Pressestelle: «Der grosse und schnell wachsende Baum auf unserem Grundstück musste aus Sicherheitsaspekten entfernt werden. Erstens war die Krone des Baumes nahezu bis an die Hauswand herangewachsen. Zweitens stellten herabfallende Äste, trotz regelmässiger Pflege und Beschneidung, eine potenzielle Gefahr für Personen und Fahrzeuge dar, die darunter parkten.»

Ein Bauprojekt an der Stelle sei nicht geplant, versicherte er. Zu weiteren Details, etwa ob der betroffene Baum krank gewesen oder das Pflanzen neuer Bäume als Naturausgleich geplant sei, machte er keine Äusserung.

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(Daniel Vizentini, Aargauer Zeitung)

Quelle: Aargauer Zeitung
veröffentlicht: 24. Juni 2023 11:30
aktualisiert: 24. Juni 2023 11:30
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