«Zum Glück ziehen wir aus»: Sanierungsarbeiten im Gleis 0 verzögern sich
Im November letzten Jahres fanden alle Bewohner des «Gleis 0» in Aarau einen Brief der Verwaltung in ihrem Briefkasten vor. Im Schreiben, welches ArgoviaToday vorliegt, hiess es: «Leider mussten wir feststellen, dass der verwendete Weissputz teilweise Mängel aufweist. Gemäss unseren Experten lässt es sich nicht vermeiden, dass wir diese umfassend sanieren und der bestehende Weissputz entfernt und neu aufgetragen wird.» Bedeutet konkret: Der Putz blättert von den Decken, und deshalb müssen einzelne Bewohnerinnen und Bewohner aus ihren Wohnungen vorübergehend ausziehen, damit die Mängel behoben werden können.
Der Immobilien-Dienstleister Wincasa AG, der das «Gleis 0» verwaltet, schrieb im November 2021 auf Anfrage von ArgoviaToday, dass die Feuchtigkeit des Betons zum Zeitpunkt der Montage wohl zu hoch gewesen sei. Man bedaure die Umstände sehr, betreue die betroffenen Mieterinnen und Mieter individuell und würde sie für die Unannehmlichkeiten entschädigen.
Gipser-Unternehmen pleite
Die Sanierungsarbeiten im Gleis 0 wurden angegangen – doch dann plötzlich ging nichts mehr. In einem Schreiben vom 1. März 2022 an die Mieter, welches ArgoviaToday vorliegt, informiert die Wincasa AG: «Leider kommt es aufgrund eines Wechsels des mandatierten Gipser-Unternehmens zu einer Verzögerung. Die bisher beauftragte Firma musste Insolvenz anmelden und es wird zurzeit mit Hochdruck nach einem neuen Anbieter gesucht. Sobald dieser bestimmt ist, werden wir Sie über das weitere Vorgehen und den neuen Sanierungstermin informieren.»
Auf Anfrage von ArgoviaToday bestätigt die Wincasa AG diesen Umstand: «Wir können bestätigen, dass das ausführende Gipser-Unternehmen zwischenzeitlich in Konkurs ging. Die Arbeiten werden durch einen anderen Dienstleister fortgesetzt. Die Mieter sind bereits Anfang März über diesen Umstand informiert worden. Bisher wurden die Weissputzdecken in sechs Leerstandswohnungen saniert. Im April erfolgt die Sanierung der ersten Wohnung im möblierten Zustand. Während den Sanierungsarbeiten sind die Wohnungen jeweils für rund zwei Wochen nicht bewohnbar.»
«Eine Frechheit!»
Während der Sanierung bietet die Wincasa AG seinen Mietern zwei Möglichkeiten an, wie es im Schreiben an die Bewohner heisst. Variante eins ist eine Leerwohnung: «Unterkunft in einer möblierten 2.5 oder 3.5-Zimmerwohnung. Sollten Sie sich für diese Option entscheiden, erhalten Sie für den Zeitraum Ihrer Nettomiete eine Gutschrift», heisst es im Brief. Die zweite Variante wäre die Unterkunft in einem Hotel, das sich in der Nähe des Gleis 0 befindet – Frühstück inklusive. Der Haken: «Sollten Sie sich für diese Option entscheiden, bleibt der Mietzins Ihrer Wohnung für diesen Zeitraum geschuldet.»
Zu viel für die sonst schon strapazierten Nerven der Mieter. Eine Bewohnerin des Gleis 0 lässt ihrem Frust gegenüber ArgoviaToday freien Lauf: «Als ich den Brief in den Fingern hielt, wusste ich nicht, wie ich reagieren soll. So eine bodenlose Frechheit kann es einfach nicht sein. Du musst für eine nicht bewohnbare Wohnung bezahlen. Und dieser Mist dauert schon bald ein Jahr – mal gibt es Infos und mal nicht, wir können nicht mehr, zum Glück ziehen wir aus.» Die Wincasa AG bezieht zu diesem Aspekt keine Stellung.