Quelle: Tele M1

Militärgericht Aarau

«Personen hätten sterben können»: Prozess gegen den Piloten der Patrouille Suisse beginnt

Am Montag startet der Prozess vor dem Militärgericht in Aarau. Dem Piloten, welcher im Juni 2016 mit einem Trainingskollegen kollidierte, wird fahrlässiger Missbrauch und Verschleuderung von Material sowie fahrlässige Nichtbefolgung von Dienstvorschriften vorgeworfen.

Ab Montag steht ein Berufsmilitärpilot vor dem Militärgericht 2 in Aarau. Der heute 38-Jährige wird beschuldigt, am 16. Juni 2016 während eines Trainingsflugs für die «Netherland Air Force Open Days» gleich mehrere Flugmanöver nicht korrekt ausgeführt zu haben. Darauf kollidierte er in der Luft mit einem zweiten Kampfjet der Patrouille Suisse.

Mehrere Personen hätten sterben können

Gemäss Anklageschrift gefährdete der Pilot dabei mehrere Menschenleben. Der Angeklagte habe durch die von ihm verursachte Kollision «die nahe und ernsthafte Möglichkeit der schweren Verletzung oder Tötung» von drei weiteren Piloten geschaffen. «Schliesslich schuf er durch die Kollision die Möglichkeit der schweren Verletzung oder Tötung einer nicht näher bestimmbaren Anzahl Personen, welche sich in der unmittelbaren Nähe der Absturzstelle befanden», heisst es in der Anklage weiter.

Der beschuldigte Pilot hat nicht alles zur Sorgfalt Mögliche getan, um eine Kollision mit seinem Landsmann zu verhindern. Der Schweizer Pilot touchierte mit seiner Maschine (Kampfflugzeug F-5E Tiger) nach einem «Overshoot-Manöver», damit wollte er die Geschwindigkeit reduzieren, den rechten Flügel seines Teamkollegen und kam dabei in eine unkontrollierte Rollbewegung. Der Angeklagte betätigte in der Folge den Schleudersitz, worauf das unbemannte Kampfflugzeug in einem Treibhaus und unmittelbar neben einem Bauern- und Wohnhaus aufschlug. Der 38-jährige Pilot landete laut Anklageschrift mit seinem Fallschirm unmittelbar neben der Absturzstelle und durchschlug dabei das Glasdach des Treibhauses.

Der Pilot des anderen Flugzeuges, welches nach dem «Overshoot-Manöver» touchiert worden war, konnte seine Maschine trotz den vorhandenen Beschädigungen auf dem Luftwaffenstützpunkt landen.

Schaden in Millionenhöhe

Durch den Absturz wurde das Kampfflugzeug vollständig zerstört. Wie es in der Anklageschrift heisst, hatte dieses einen hinterlegten Wert von über 25,5 Millionen Franken. Der Sachschaden des beim Manöver getroffenen Flugzeuges beläuft sich auf 146'000 Franken. Auch für die Wracksicherung, Bergung sowie die Reparatur der entstandenen Schäden an der Absturzstelle sind über eine Million Euro zusammengekommen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat davon 398'000 Franken übernommen.

Fehlende Sorgfalt und Verletzung von Dienstvorschriften

Weitere Anklagepunkte sind die Verletzung von Dienstvorschriften sowie eine Sorgfaltspflichtverletzung. Der angeklagte Pilot habe das Dienstreglement verletzt, indem er die Priorität der Missionserfüllung vor die Priorität der Vermeidung von Kollisionen stellte. Zudem habe er auch den Mindestabstand von drei Metern zwischen zwei Flugzeugen bei Formationsflügen nicht eingehalten.

Laut Anklage ist deshalb klar: Hätte der Pilot sorgfältig und gemäss den Dienstvorschriften gehandelt, wäre das Unglück «mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» vermeidbar gewesen.

Öffentliche Verhandlung im Kultur- und Kongresshaus

Fünf Tage soll die Verhandlung vor dem Militärgericht, welche im Kultur- und Kongresshaus Aarau stattfindet, dauern. ArgoviaToday wird dich über den Prozess auf dem Laufenden halten.

(red.)

Quelle: ArgoviaToday
veröffentlicht: 19. Dezember 2022 13:30
aktualisiert: 19. Dezember 2022 15:58
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